Donaukulturmagazin Ausgabe 2 2022

77 Purkersdorf Stockerau St. Pölten Tulln Wachau Wien Das Ying und Yang der Oper Mezzosopranistin Neelam Brader im Interview Frau Brader, was hat Sie bewogen, Sängerin zu werden? Schon als Kleinkind habe ich viel und gern gesungen. Im Volksschulalter durfte ich mit meinen Eltern zu jeder neuen Operetten- oder Opernaufführung ins damalige Stadttheater St. Pölten mitkommen. Ich war fasziniert von den gesungenen Geschichten, wurde neugie- rig, wie die Sängerinnen und Sänger ihren Gefühlen Ausdruck verleihen und fühlte mich selbst mitten im Geschehen. Diese frühen Erlebnisse haben mich nachhaltig geprägt und den Wunsch reifen lassen, Opernsänge- rin zu werden. Wie kann man in der Zeit der Pubertät, in der Opernmusik unter Gleichaltrigen vielleicht nicht sehr populär ist, trotz- dem an seinem Ziel festhalten? Ich hatte das Glück, dass es in unserer Stadt ein Gymnasium mit musikalischem Schwer- punkt gibt. Hier erhielt ich meine ersten Ge- sangsstunden in einer Gruppe mit Gleichge- sinnten, die mich in meinem Berufswunsch bestärkten. Wie kommt man von St. Pölten nach Salzburg ins Mozarteum? Wie`s so in der heutigen Zeit üblich ist! Ich suchte im Internet nach einem Gesangsleh- rer, der mich auf die Aufnahmsprüfung ans Mozarteum vorbereiten sollte. Mit Prof. Mario Diaz begann meine erste professionelle Ge- sangsausbildung und ich bin ihm heute noch sehr dankbar, dass er mich immer wieder mo- tiviert hat, diesen Weg zu gehen. Nach zwei harten Jahren war es so weit, ich trat zur Auf- nahmsprüfung an – und war im Mozarteum! Was ist Ihre Botschaft? Echt muss es sein, nicht perfekt. Ist es für eine Sängerin nicht das Wichtigste, perfekt zu singen? Natürlich. Jede Note muss sitzen, ganz klar, aber – nehmen wir nur einmal die Rolle der »Bradamante« aus der Oper »Alcina«. Ihr Ver- lobter wird auf einer Insel von der Zauberin Alcina festgehalten. Sie macht sich als Mann verkleidet auf die Suche nach ihm. Mit sei- ner wunderbaren Musik erzählt Händel ein Märchen mit Tönen, nicht mit Worten. Wir Künstler haben dabei die Aufgabe, diesen Tönen eine Seele einzuhauchen, die Figuren zum Leben zu erwecken, sodass die Besu- cher den Schmerz über den Verlust des Ver- lobten miterleiden, sie mitfiebern, ob er je noch seine Braut erkennt, sich fürchten, ob eine Flucht gelingt, sie die Welt um sich he- rum vergessen. Verstehen Sie jetzt, was ich meine? Die gesanglich perfekte Leistung ist selbstverständlich Voraussetzung, aber Ge- sang ohne Seele ist wie Ying ohne Yang. Was möchten Sie gerne singbegeister- ten Menschen mitgeben? Singt! Ja wirklich. Das Beste was musikbe- geisterte Menschen tun können, ist zu sin- gen, sei es unter der Dusche, in der Schule, im Kirchenchor, mit Freunden, beim Heu- rigen! Oder, so wie ich, zu versuchen, sich seinen Lebenstraum, in meinem Fall den der Opernsängerin, zu verwirklichen. Ich kann Ih- nen versichern, es gibt nichts Schöneres, als auf einer Bühne zu stehen und die Menschen aus dem Alltag in die Welt des Klanges, der Musikgeschichten, zu entführen. Mehr Informationen finden Sie im Internet un- ter www.neelambrader.com © M. Rumpel © C. Schneider © F. Mies

RkJQdWJsaXNoZXIy NDYxNjc=